Der Sound startet in deinem Kopf (Gitarre & Bass 2017)

From Allan Holdsworth Information Center

The German magazine published an eulogy in 2017 that contains excerpts from an earlier interview. The source interview is not identified, but it says that it was conducted "vor ein paar Jahren", meaning "a few years ago".

The original article can be found here:

https://www.gitarrebass.de/stories/allan-holdsworth-der-sound-startet-in-deinem-kopf/

A machine translated version can be found at: The Sound Starts in Your Head (Gitarre & Bass 2017)

Here is a text only transcript:

In Gedenken an die Jazz-Legende

Allan Holdsworth: Der Sound startet in deinem Kopf

von Redaktion, 19. April 2017

Allan Holdsworth verstarb Ostern 2017 im Alter von 70 Jahren in San Diego Kalifornien. Wir sprachen mit dem Jazz-Pionier vor ein paar Jahren über den perfekten Legato-Sound, Idole und Lampenfieber.

Allan Holdsworth

Der Brite Allan Holdsworth startete seine Karriere in den 60er-Jahren in London, wo er zuerst bei Trompeter Ian Carrs Band Nucleus und anschließend bei Jon Hisemans Colosseum-Nachfolger Tempest spielte. Die Art-Rock-Pioniere Soft Machine bereicherte er von 1973 bis 1975, gleichzeitig begann er in der epochalen Band Lifetime des amerikanischen Schlagzeugers Tony Williams mitzuwirken.

In den frühen 80er Jahren siedelte Allan Holdsworth nach Amerika über und begann seine Solokarriere voranzutreiben. Holdsworths Legato-Sound ist einzigartig. Seine kraftvollen Fusion-Linien mit intelligenten bis kaum nachvollziehbaren Voicings und Melodielinien inspirierten unzählige Gitarristen – aber jeder Versuch, diesen Stil zu kopieren, bleibt überflüssig. Denn dieser Musiker ist ein Unikum.

Allan Holdsworth war außerhalb seiner musikalischen Arbeitsbereiche auch als passionierter Rennradfahrer und Bierkenner bekannt; das eigene Patent auf eine Bierzapfvorrichtung ist ein wichtiger Punkt in seiner Biografie.

Dein Sound und dein Legatospiel wird von vielen Gitarristen bewundert und kopiert. Wie arbeitest du an deinen Sound-Ideen?

Allan Holdsworth: Grundsätzlich startet der Sound in deinem Kopf und du arbeitest an deinem Instrument und mit deinem Equipment, um dem Sound, den du gehört hast, so nahe wie möglich zu kommen. Du schaffst es nie ganz, aber solange man weiß, dass man nichts weiß, ist das OK für mich. Es deprimiert mich mittlerweile nicht mehr. Du suchst und versuchst, deinen Sound und die Musik zu verbessern.

Wie viele deiner Sounds standen bei den improvisierten Konzerten denn schon vorher fest, und wie viele davon entstanden ebenfalls frei improvisiert?

Allan Holdsworth: Einige der Sounds habe ich schon in eigenen Bands versucht, mit dieser Band brauchte ich allerdings andere Sachen. Und ich wollte wirklich mit neuen Ideen kommen. Ich habe drei Yamaha-Magicstomps dabei (Bodeneffektgeräte mit Amp-Modeler und Multieffekt-Möglichkeiten), und ein Programm für den Computer, den ich mitgenommen hatte. Damit habe ich herumexperimentiert, um einen Weg zu finden, kreativ mit Sounds umzugehen. Neue Sounds lassen einen anders spielen, weil man andere Ideen hört.

Ich hatte in einem alten Interview gelesen, dass du unter Lampenfieber leidest, was man sich gar nicht vorstellen kann. Ist das immer noch so?

Allan Holdsworth: Es ist sogar schlimmer geworden im Laufe der Jahre. Als ich um die 20 war und mit Tony Williams spielte, war ich auch schon nervös, aber es war anders. Ich hatte nichts zu verlieren, weil mich niemand kannte und keiner Erwartungen an mich hatte.

Das machte nicht so viel aus wie heute. Heute haben die Leute so viele Erwartungen, und ich denke immer „Oh Mann, vielleicht enttäusche ich diese Leute heute alle!“ – und das macht mich wirklich nervös! Ich mag es, nach dem Gig mit Leuten zu reden, davor macht es mich extrem nervös.

Nach dem Soundcheck muss ich weg, an eine Stelle, wo es ganz still ist und ich meinen Kopf leer bekomme. Ich will nicht über Musik oder gestellte Fragen nachdenken

Ein bisschen nervös sein ist aber gut, denke ich. Der deutsche Posaunist Albert Mangelsdorff sagte immer, wenn er nicht nervös war, dann wurde es ein schlechtes Konzert.

Das stimmt auf jeden Fall, denn diese Nervosität hält dich aufmerksam.

Allerdings nur, wenn man sie unter Kontrolle behalten kann … Und das fällt mir schwer. Normalerweise gehe ich nach dem Soundcheck weg und bleibe nicht mal mit meinen Musikern zusammen. Die bringen mich sonst nur dazu, über die Musik nachzudenken.

Ich gehe in ein Restaurant, komme erst in letzter Minute zurück und tauche meine Hände in warmes Wasser. Ich bewege nur meine Hände im warmen Wasser. Wenn die Feuchtigkeit in meinen Fingerspitzen ist, fühlt sich die Gitarre besser an. Vor dem Gig spiele ich also nicht mehr, weil ich offen für spontane Ideen sein möchte.

Eine ganz andere Frage: Django Reinhardt wurde vor 100 Jahren geboren. Was für einen Einfluss hatte er auf deine Art Gitarre zu spielen?

Allan Holdsworth: Er hatte großen Einfluss! Ich habe zwar nie versucht ihn zu kopieren, weil ich mehr Zeit investierte, Charlie Christian zu studieren, dennoch war Django wichtig für mich. Ich habe alle Django-Reinhardt-Platten und jeder Gitarrist sollte eine große Sammlung seiner Musik haben. Alles war großartig an ihm: tolle Musik, starker Charakter …

Wer hat dich sonst beeinflusst? Gibt es heute Gitarristen oder andere Instrumentalisten, die dich inspirieren?

Allan Holdsworth: Eigentlich inspiriert mich alles. Ich versuche, die Sachen, die ich mag, rauszupicken, egal, ob aus Jazz, Klassik oder Rock. Manchmal höre ich mir meine alten Klassikplatten an, Ravel, Debussy und Aaron Copland. Manchmal zerstört mich das regelrecht, dann fallen mir die Augen raus, weil es so großartig ist … Aber diese Art von Inspiration mag ich auch. Ich mag Sachen, die dich etwas fühlen lassen, egal was.

Wer macht denn heute gute Musik?

Allan Holdsworth: Da gibt es so viele tolle Musiker, ich bin immer peinlich berührt, wenn ich einen nenne und den anderen vergesse…. Ich mag Tim Miller, ich mag James Moore, wenn er seine eigenen Sachen macht, mehr die Jazz-Sachen, nicht so sehr das Fusion-Zeug. Ich mag Kurt Rosenwinkel, der ist unglaublich. Ich schätze Django Bates, ich mag Gary Husband am Klavier. Pat Metheny, John McLaughlin, John Scofield und einen, den ich immer vergesse, weil man ihn nicht mehr in erster Linie als Gitarristen sieht: George Benson! Er ist unglaublich… Es ist wie bei Nat King Cole, bei George Benson denkt man auch mehr an den Sänger als an den Instrumentalisten.